FAQ

Allgemeines

Open-source ist eine mögliche Antwort auf wachsende Monopolisierung. Saatgut, früher ein für alle zugängliches Gemeingut, konzentriert sich zunehmend in den Händen weniger Unternehmen. Nicht nur die Landwirte sondern letztlich die Gesellschaft als Ganzes gerät dadurch immer mehr in Abhängigkeit. Außerdem hemmt die Monopolbildung die Entwicklung von Innovationen. Fast noch wichtiger aber ist, dass wenige großflächig anbaubare Sorten biologische Vielfalt verdrängen, die für den Schutz unserer Lebensgrundlagen dringend notwendig ist.

Mit einer Open Source Lizenz für Saatgut kann eine bisher nicht verfügbare pflanzengenetische Neuentwicklung – zum Beispiel eine neu gezüchtete Sorte – vor Privatisierung geschützt werden. Die copyleft Klausel der Lizenz sorgt dafür, dass dies auch für alle Folgeentwicklungen gilt. So wird mit der Lizenz ein Beitrag zur Mehrung von Gemeingütern geleistet und eine Alternative zur fortschreitender Privatisierung aufgezeigt.

Registriert heißt, eine Sorte ist als solche staatlich anerkannt, zugelassen und entspricht damit den staatlich festgelegten Kriterien, die eine Sorte erfüllen muss. Die Sortenankerkennung basiert auf den Kriterien: Unterscheidbarkeit (engl. distinctiveness), Uniformität sowie Stabilität (abgekürzt: DUS-Kriterien). Bei landwirtschaftlichen Sorten kommt der „landeskulturelle Wert“ hinzu. In vielen Ländern ist die Registrierung Voraussetzung dafür, dass Saatgut der Sorte verkauft werden darf. Das betrifft alle Länder der Europäischen Union.

Nicht registriert heißt: eine Sorte ist als solche nicht staatlich anerkannt. Dazu gehören sogenannte Landsorten und Populationen. Von ihnen wird weder Uniformität noch Stabilität gefordert, d.h. sie brauchen auf genetische Heterogenität und Veränderung durch die Evolution nicht zu verzichten. Nicht registrierte Sorten dürfen nicht gehandelt werden, können aber meist in kleinen Mengen getauscht werden. Derzeit wird auf EU-Ebene daran gearbeitet, dass auch Populationen in einem vereinfachten Verfahren für den Ökolandbau registriert werden können. 

Eine Sorte die mit einem Sortenschutz versehen ist, erlaubt dem Sortenschutzrechtsinhaber Lizenzgebühren für die Nutzung seiner Sorte als Vermehrungsmaterial zu erheben oder andere von der Nutzung auszuschließen, also ein exklusives Nutzungsrecht geltend zu machen. Voraussetzung für den Sortenschutz ist neben den DUS Kriterien (Unterscheidbarkeit, Stabilität und Uniformität) die Neuheit der Sorte, d.h. sie darf vor der Anmeldung zum Sortenschutz noch nicht vermarktet worden sein. Die Open Source Lizenz tritt an die Stelle des Sortenschutzes. Anstelle des exklusiven Nutzungsrechts tritt die Verpflichtung, die Sorte allen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für alle Weiterentwicklungen und Folgeprodukte. Der freie Zugang zur Sorte bedeutet natürlich nicht, dass Saatgut gratis ist, denn die Produktion von Saatgut muss vergütet werden.

Es ist eine traurige Tatsache, dass vor allem das europäische Patentamt in den letzten Jahren vermehrt Patente auf Pflanzen oder Pflanzeneigenschaften erteilt hat, die entweder in der Natur vorkommen oder auf herkömmlichem Wege (also ohne Gentechnik) gezüchtet wurden, obwohl dies nach Artikel 53b der Europäischen Patentkonvention eigentlich verboten ist. Im Patenterteilungsverfahren werden weder rechtmäßiges Eigentum noch rechtskonformes Verhalten geprüft. Sehr wohl geprüft – und auch eine unbedingte Voraussetzung für die Erteilung – wird die Neuheit. Dazu nutzen Patentämter alle in schriftlicher Form öffentlich verfügbaren Quellen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass unter die Open Source Lizenz gestelltes Saatgut möglichst genau beschrieben wird. Diese Beschreibungen werden ja sofort veröffentlicht und dienen dann später als Beweismittel in einem allfälligen Patentstreit.

Theoretisch nicht, praktisch aber schon. Die Lizenz verbietet zwar nicht die Verwendung gentechnischer Verfahren. Das wäre auch schwierig. Da die Methoden der Gentechnik dauernd weiterentwickelt werden, müsste eine Lizenz, die „Gentechnik verbietet“ ständig neu angepasst werden – und das geht nicht, denn die Lizenz muss dauerhaft gültig sein. Aber sie wirkt als indirekter Hebel, denn wer Gentechnik einsetzt, muss viel Zeit und Geld investieren. Betriebswirtschaftlich lässt sich dieser hohe Aufwand nur in Verbindung mit der Sicherung exklusiver Eigentumsrechte (also über Patente) rechtfertigen. Eben diese werden aber durch die Open Source Lizenz ausgeschlossen.

Das heißt: solange die Allgemeinheit den Einsatz von Gentechnik in der Pflanzenzüchtung ablehnt und es keine öffentliche Förderung dafür gibt, wird es auch keine eigentumsfreien, öffentlichen GMO-Sorten geben.

Derzeit werden weltweit verschiedene Möglichkeiten für die Realisierung des open-source Prinzips bei Saatgut erprobt. Die Open Source Seed Initiative (OSSI) in den USA wählt den ethischen Weg, in dem sie dem Nutzer ein Versprechen abverlangt, die open-source Regeln einzuhalten. Bauerngruppen in Indien wählen einen auf angepassten Lizenzverträgen basierenden Weg, in Argentinien beteiligen sich lokale Gruppen an der Erarbeitung von Regeln, die dann auch Gesetzeskraft erlangen. In Europa hingegen bietet es sich aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen an, wie OpenSourceSeeds mit einem rechtlich verpflichtenden Vertrag zu arbeiten. Solch ein „contracts based common“ wird auch in der Literatur als vielversprechend angesehen.

Die Lizenz

Die Sorte muss den Tatbestand der Neuheit erfüllen und darf vor Lizenzierung noch nicht verbreitet worden sein. Die Sorte darf keine Eigenschaften oder Gensequenzen beinhalten, die mit Patenten belegt sind. Als neu ist auch eine Landsorte zu betrachten, die bisher noch nicht beschrieben war, aber nun beschrieben, dokumentiert und veröffentlicht wird. Damit lassen sich auch Erhaltungssorten, die bisher anonym waren, unter Open Source Lizenz stellen.

Die Lizenzierung ist eine zivilrechtliche Vereinbarung zur Weitergabe des Saatguts. Sie verpflichtet den Nutzer, diese Sorte und Weiterentwicklungen, also Neuzüchtungen aus dieser Sorte, zu den gleichen Bedingungen verfügbar zu machen, wie diejenigen, zu denen er diese Sorte erhalten hat.

Nein. Der genetische Code ist bei allen höheren Organismen einzigartig, d.h. zwei nebeneinander wachsende Möhrenpflanzen haben nicht den exakt gleichen genetischen Code. Lizenziert wird daher die Sorte, die auf Basis einer sogenannten phänotypischen Beschreibung identifiziert wird. Hierfür gibt es mehrere standardisierte Verfahren.

Derzeit in Deutsch, Englisch und Französisch. Die Sprachversionen sind inhaltlich übereinstimmend.

Ja, selbstverständlich. Die Sprachversionen sind inhaltlich übereinstimmend. Wichtig ist, eine Sprache zu wählen, die der Empfänger am besten versteht. Bitte melde Dich bei uns, wenn Du an der Erarbeitung einer neuen Sprachvariante mitarbeiten möchtest.

Lizenzanwendung/Weiterentwicklung

Ganz einfach. Zusammen mit der Übergabe des Saatguts muss auch eine Kopie der Lizenzvereinbarung übergeben und vereinbart werden. Eine Unterschrift auf der Lizenzvereinbarung ist der beste Beweis für die Anerkennung der Lizenzbedingungen. Wenn die Bedingungen der Lizenz vom Empfänger nicht anerkannt werden, darf er/sie auch das Saatgut nicht bekommen.

Wenn Du Saatgut in kleinen verschlossenen Packungen weitergibst, dann drucke am besten diesen kurzen Text mit auf die Packung. Dieser muss den Link zur Lizenz enthalten. Wenn Du Saatgut in offenen Behältnissen weitergibst, dann drucke bitte vorher eine Kopie der Lizenzvereinbarung aus und lass sie bei der Übergabe vom Empfänger unterschreiben.

Mit einer open-source Sorte darf man fast alles tun: man darf sie privat oder professionell für die Erzeugung von Produkten nutzen, man darf sie vermehren und mit der Lizenz weitergeben, man darf sie sogar züchterisch bearbeiten, also verändern, und auch verändert weitergeben (aber nur mit der Lizenz).

Verboten ist lediglich die Anmeldung von exklusiven Eigentumsrechten an diesen Sorten oder an aus ihnen hervorgegangenen neuen pflanzengenetischen Ressourcen, wie z.B. Patenten und Sortenschutzrechten.

Das kommt drauf an. Für alle hier dargestellten Sorten findest Du auch die Information, in welchem Land sie gezüchtet wurden. Wenn Du selbst in einem Land zuhause bist, das die Konvention über die biologische Vielfalt nicht ratifiziert hat (USA, Südsudan und Vatikanstaat), dann kann es sein, dass die Lizenz nicht die gleichen Wirkungen entfaltet wie sonst. Für detaillierte Auskünfte schicke uns bitte ein Email.

Das Nagoya Protokoll ist ein Zusatzprotokoll zur Konvention über die Biologische Vielfalt und regelt vor allem den Zugang zu genetischen Ressourcen und den gerechten Vorteilsausgleich. In der EU regelt die Verordnung EU 511/2014 die Verpflichtungen der Nutzer von genetischen Ressourcen. Dabei geht es vor allem um Dokumentationspflichten, die beim Erwerb von genetischen Ressourcen (wie z.B. open-source Sorten) beachtet werden müssen.

Das Nagoya-Protokoll betrifft Dich nicht, solange Du mit den open-source Sorten keine Entwicklungen wie Weiterzüchtungen, Kreuzungen vorhast. Andernfalls musst Du schon beim Erwerb, spätestens aber wenn Du die Absicht hast, eine Weiterentwicklung oder Erforschung vorzunehmen, die Dokumentationsverpflichtungen (siehe Artikel 4 der Verordnung EU 511/2014) einhalten.

Zunächst die gute Nachricht: Mit Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedsstaates kann die Lizenzvereinbarung ohne Probleme abgeschlossen werden. Auch mit Personen anderer Nationalitäten, die innerhalb der EU ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, kann die Lizenzvereinbarung wirksam vereinbart werden. Für alle anderen Fälle (Vertragsschluss mit EU-Ausländern im EU-Ausland) kann es wirklich kompliziert werden. Bitte schicke uns in dem Fall eine kurze Email mit der Darstellung der Umstände.

Sortenmeldung

Der Vorgang ist relativ einfach.
Wir brauchen im wesentlichen 4 Angaben:

  1. persönliche Informationen über den Züchter/die Züchterin.
  2. eine technisch detaillierte Beschreibung der Sorte gemäß eines international standardisierten Verfahrens. Wir verwenden dazu bewusst die UPOV-Fragebögen (siehe Website).
  3. eine Sortenbeschreibung, die für Gärtner und Landwirte bestimmt ist und die wesentlichen Eigenschaften darstellt (siehe unsere Richtlinie für solche Beschreibungen).
  4. eine Erklärung, dass die Sorte noch nicht in Verkehr gebracht wurde.

Formulare für 1, 3 und 4 können von unserer Webseite heruntergeladen werden.

Es erfolgt lediglich eine formale Prüfung, ob die vier notwendigen Angaben (siehe Frage vorher) vollständig vorliegen. Wenn dies der Fall ist, dann wird die Sorte aufgenommen. Andernfalls teilt unser Webteam mit, welche Angaben noch fehlen oder unvollständig sind.

Nur etwas Neues, das noch nicht verbreitet wurde, kann open-source-lizenziert werden. Denn nur so kann ein Schutz vor Aneignung, z.B. durch ein Patent, wirksam vereinbart werden. Aber auch traditionelle Landsorten können das Kriterium der Neuheit erfüllen, nämlich dann, wenn es zu Weiterentwicklungen gekommen ist. Als neu können auch Landsorten gelten, dadurch dass sie erstmalig umfassend beschrieben werden. 

Verfügbarkeit

Den Kontakt zu Saatguterzeugern und -Verkäufern findest Du in der Beschreibung der einzelnen Sorten. Über Hinweise auf Vertriebsstellen, die open-source Sorten führen und in dieser Liste noch nicht enthalten sind, sind wir dankbar.

OpenSourceSeeds selbst verkauft kein Saatgut. Die Produktion und der Verkauf von Saatgut ist eine Aufgabe für den Saatguthandel. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Voraussetzungen für open-source-Lizenzierung zu schaffen, zur Verfügung zu stellen und Informationen über open-source Sorten zu sammeln und bereitzustellen.

OpenSourceSeeds selber verkauft kein Saatgut. Die Produktion und der Verkauf von Saatgut ist eine Aufgabe für Spezialisten. Daher verweisen wir nur auf uns bekannte Partner und bieten selbst keinen Shop an. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Voraussetzungen für open-source-Lizenzierung zu schaffen, zur Verfügung zu stellen und Informationen über Open- Sorten zu sammeln und bereitzustellen.

Unterstützung/Spenden

- open-source Sorten kaufen und weitergeben und über das neue Konzept erzählen.
- potentiellen Partnern in Vertrieb und Züchtung vom Projekt erzählen und sie mit uns in Verbindung bringen
- Für die Arbeit von OpenSourceSeeds spenden. Wir freuen uns über jede Spende, egal ob groß oder klein.

Spenden können auf das folgende Konto eingezahlt werden:

OpenSourceSeeds
Sparkasse Göttingen
IBAN: DE25 2605 0001 0000 1552 18
BIC: NOLADE21GOE

OpenSourceSeeds wird von AGRECOL e.V. durchgeführt, einem gemeinnützigen Verein. Spenden aus Deutschland können steuerlich geltend gemacht werden. Bei Spenden bis zu 200,- € reicht der Kontoauszug als Nachweis für das Finanzamt. Ab einer Spende von 200,- € erstellen wir gern eine Spendenbescheinigung, hierfür benötigen wir Deine Anschrift. Jährlich können Spenden bis zur Höhe von bis zu 20 % der Gesamteinkünfte von der Steuer abgesetzt werden.

Wir fördern die Züchtung von neuen Sorten, die mit Open Source Lizenz für alle verfügbar sind. Ein Teil der Spenden wird für die Lizenzierung von Sorten, für die Verwaltung und das Management von Sortenlizenzen verwendet, ein anderer Teil der Spenden fließt in Züchtungsprojekte zur Entwicklung neuer, gemeinnütziger Sorten.

OpenSourceSeeds unterstützt Züchter bei der Vermarktung ihres Saatguts und bei der Ahndung von Lizenzverstößen. Nicht zuletzt beraten wir Interessenten und verbreiten die open-source Idee in der Öffentlichkeit.

Träger von OpenSourceSeeds ist der gemeinnützige Verein AGRECOL e.V. - Association for AgriCulture and Ecology. Der gemeinnützige Verein trägt seit 1988 dazu bei, durch den Austausch von Informationen und die Diskussion wichtiger Themen in der Öffentlichkeit die standortgerechte und ökologisch sinnvolle Landnutzung in den Vordergrund zu rücken. Saatgut ist dabei ein zentrales Thema. Weitere Informationen zu AGRECOL findest Du hier.

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